Von George Westinghouse als Westinghouse Air Brake Technologies Corporation gegründet, reichen die Anfänge der Wabtec Corporation bis ins Jahr 1869 zurück. In seiner heutigen Form besteht das Unternehmen Wabtec Corporation seit 1999. Obwohl Wabtec im europäischen Bahnmarkt abseits von Faiveley Transport eher unbekannt ist, gehört der Konzern unlängst zu den Top Ten der Bahnsystemhäusern und erzielte im Geschäftsjahr 2021 einen Umsatz von rund 7,8 Mrd. Dollar.
Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt George Westinghouse die Druckluftbremse. Das von ihm gegründete Unternehmen Westinghouse Air Brake Technologies Corporation soll seine Erfindung produzieren und vermarkten. 1999 fusionierte das Unternehmen mit MotivePower Industries und wurde in Wabtec Corporation umbenannt. Heute ist der nord-amerikanische Konzern ein global agierender Hersteller von Druckluftbremsen, Zugbeeinflussungssystemen, Lokomotiven und Komponenten für Schienenfahrzeuge sowie Anbieter von Dienstleistungen rund um Wartung, Instandhaltung und Aufarbeitung von Lokomotiven. Hauptabsatzmarkt des Unternehmens ist Nordamerika, gefolgt von Europa.
VOM HIDDEN CHAMPION ZUM GLOBAL PLAYER
Nach der Fusion mit MotivePower Industries, stärkte der Konzern seine Marktposition durch eine Reihe strategischer Akquisen von im Eisenbahnbereich tätigen Unternehmen: Im Jahr 2006 übernahm Wabtec den deutschen Bremsklotz- und Bremsbelaghersteller Becorit, 2010 erfolgte die Übernahme des amerikanischen Bahnelektronikherstellers Bach-Simpson, gefolgt von der Akquise des englischen Lokomotivbauers Brush Traction im Jahr 2011. 2012 wurde der Relaishersteller Mors Smitt übernommen, 2014 Fandstan Electric und 2015 Faiveley Transport, ein französischer Anbieter von Bahnsystemen sowie das australische Unternehmen Trackside Intelligence. Mit der Übernahme von GE Transportation im Jahr 2019 sicherte sich Wabtec endgültig seinen Platz unter den weltweit führenden Bahnsystemhäusern. Die neusten Unternehmenszugänge sind Nordco, ein nordamerikanischer Anbieter von Ausrüstung für die Gleisinstandhaltung und das Railway Friction Geschäft des indischen Unternehmens MASU. Zudem kündigte Wabtec kürzlich an, den Geschäftsbereich Beena Vision von Trimble zu übernehmen, womit der Konzern seine Marktposition in der digitalen Schieneninspektion weiter ausbaut.

Wabtec hat seinen Umsatz innerhalb der letzten Jahre mehr als verdreifacht. Diese Entwicklung ist vor allem auf die oben genannten systematischen Unternehmenserweiterungen zurückzuführen.
Die starke Position des Unternehmens zeigt sich auch in der Auftragslage des Konzern. Der Auftragsbestand konnte zum Ende des Geschäftsjahres 2021 im Vergleich zum Vorjahr signifikant ausgebaut werden. Aus dem Auftragsbestand sollen Aufträge mit einem Volumen von rund 6,2 Mrd. Dollar im Jahr 2022 fertiggestellt werden.

Obwohl auch im Jahr 2021 weltweit noch deutliche Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zu verzeichnen und Lieferketten teils beeinträchtigt waren, konnten Umsatz und Gewinn im Vorjahresvergleich gesteigert werden. Hervorzuheben ist auch, dass Wabtec im Geschäftsjahr 2021 mit einem Cashflow aus der Geschäftstätigkeit von 1,07 Mrd. Dollar einen Rekordwert erwirtschaftet hat.

SWOT ANALYSE
Wabtecs Stärken liegen aktuell in seinem hohem Auftragsbestand und seiner führenden Marktposition in Nordamerika und den steigenden Umsätzen in Europa, vor allem in Deutschland. Das breite Produktportfolio des Konzerns und die strategischen Akquisen der letzten Jahre festigen die Position des Unternehmens im weltweiten Bahnmarkt zusätzlich. Die starke Marktpositionierung des Unternehmens wird allerdings durch die Abhängigkeit von wenigen Kunden und einer reduzierten Gewinnspanne u.a. auf Grund von Inflation geschwächt. Risiken stellen vor allem steigende Energie- und Materialkosten dar. Bis zu Russlands Angriffskrieg und den daraus resultierenden Sanktionen wurde das Land noch als kommender Wachstumsmarkt gehandelt. Eine weitere Eskalation wird die Russlandgeschäfte des Konzerns, deren Umsatz in den letzten Jahren konstant stieg, gefährden. Chancen bestehen allgemein im erhöhten Kapazitätsbedarf der Bahninfrastrukturen über alle Ländergrenzen hinweg. Die hieraus entstehenden Bedürfnisse der jeweiligen Bahnmärkte werden durch Wabtecs Produktportfolio gedeckt. Die unlängst getätigten oder angekündigten Akquisen werden die Geschäftstätigkeiten des Unternehmens weiter ausbauen und bieten hier entsprechende Wachstumsmöglichkeiten. Hinzu kommt die Digitalisierung des Bahnmarktes und die Ankündigung Amtraks, verstärkt in das nord-amerikanische Schienennetz zu investieren.
FAZIT
Um das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen, muss eine drastische Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene erfolgen. Mit der steigenden Nachfrage im Schienenverkehr wird Wabtec ein langfristiges Wachstum erfahren. Mit dem richtigen Fokus, Geschäftsstrategien und verstärkter Innovation wird der Konzern seine Marktposition und Wettbewerbsfähigkeit weiter ausbauen.