Neben Fahrsimulatoren werden Betriebssimulatoren zur Ausbildung der Fahrdienstleiter eingesetzt. Die Betriebs- und Stellwerksimulation bildet alle relevanten Details der Originalsysteme nach, um in der Ausbildung das gleiche Look & Feel wie beim Betrieb am Originalsystem zu erreichen. Dazu werden systemspezifische Funktionen der jeweiligen Stellwerks- und Leitsysteme detailliert abgebildet und es kann eine realistische Topografie oder eine virtuelle Strecke nachgebildet werden. Der Zugbetrieb erfolgt auf der Grundlage eines Fahrplans, die Züge verkehren mit einer realistischen Fahrdynamik. Durch die Integration von Ausbildung und Betriebsanalyse können die Simulatoren auch zur Weiterentwicklung und Verbesserung der Betriebsabläufe dienen.
Bei der Automatisierung der Betriebsführung im schienengebundenen Verkehr sind u.a. folgende Technologietrends festzustellen: Die manuellen Handlungsabläufe der Fahrdienstleiter und Disponenten werden weitgehend automatisiert; bei den Triebfahrzeugen haben vor allem die Fahrerassistenzsysteme Einzug gehalten. Die Fahrdienstleiter und Disponenten sind heute in Betriebszentralen zusammengefasst. Die Triebfahrzeugführer hingegen werden nur in Metrosystemen durch die Technik ersetzt.
Diese Ausgangslage schafft neue soziotechnische Fragestellungen im Bereich der Betriebsführung. Dabei übernimmt die Simulation eine Doppelrolle: Im Rahmen der Weiterentwicklung der Leit- und Sicherungstechnik unterstützt die Simulation die Integration von Bedieneranforderungen und neuen automatisierten Prozessen. Mithilfe von integrierten Fahr- und Stellwerksimulatoren können ferner ganzheitlich die betrieblichen Aufgabenstellungen von Lokführern und Fahrdienstleitern ausgebildet werden. Insgesamt schafft die Integration beider Funktionen in einer Simulationssoftware eine Plattform, die es ermöglicht, mehr qualitative Einflussfaktoren innerhalb der Betriebsführung zu untersuchen.
Erste Analysen zeigen, dass dabei die Arbeitsplätze der Lokführer und Fahrdienstleiter in den Simulatoren vollständig und detailliert abgebildet sein müssen, damit sich die Bediener in die Situation ihrer gewohnten Arbeit versetzen, um ein möglichst authentisches Verhalten feststellen zu können. Hierzu gehören auch die Kommunikationseinrichtungen. Das Mensch-Maschine-System in der Betriebsführung wird so ganzheitlich und in realer Interaktion mit den Nutzern analysiert. Die Wiener Linien zum Beispiel nutzen in der U-Bahn-Schule einen solchen integrierten Fahr- und Stellwerksimulator.

Um neuen Anforderungen gerecht zu werden, aktualisiert auch DB Netz im Projekt „Best PreSim“ seine Betriebs- und Stellwerksimulatoren. Unter anderem wird der Funktionsumfang der bestehenden Ausbildungsanlage für Fahrdienstleiter erweitert. Insbesondere die Funktionen des neuen europäischen Betriebsverfahrens ETCS (European Train Control System) und der neuen digitalen Stellwerke (DSTW) stehen für die Ausbildung der Fahrdienstleiter zur Verfügung. Den Betriebs- und Stellwerkssimulator BEST, der bei DB installiert ist, nutzen augenblicklich rund 30 Eisenbahninfrastrukturunternehmen in zehn Ländern. Das System ist seit rund 25 Jahren am Markt. Es wurden seitdem Simulationen für mehr als 500 Bahnhöfe entwickelt und dabei rund 20 unterschiedliche Stellwerkstypen implementiert. Derzeit werden etwa 9500 Anwender pro Jahr an den Simulatoren ausgebildet. Neben der DB Netz AG nutzen auch alle wesentlichen Nahverkehrsbetriebe in Deutschland BEST zur Ausbildung der Fahrdienstleiter und Weichensteller. Hierzu zählen u.a. die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Stuttgarter Straßenbahnen (SSB), Üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe, Hamburger Hochbahn, Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF), UBahn München und Stadtwerke Bonn.
RailBusiness (28/19): Integration Ausbildung und Betriebsanalyse durch Simulation